Von Mönninghausen nach Missouri |
Auswanderung in die USA im 19. und
20. Jahrhundert Bis zum Jahr 2000 war nichts über Auswanderer aus Mönninghausen bekannt. Das änderte sich schlagartig, als Fred und Mary Gladbach aus St. Louis im Jahre 2000 Mönninghausen besuchten. Von ihnen hörte der die beiden rüstigen Senioren begleitende Verfasser zum ersten Mal die Namen der 1857 nach St. Louis ausgewanderten Franz Joseph und Ferdinand Harke. Die von den Amerikanern mitgebrachten Stammbäume und der 1912 noch in deutscher Sprache verfasste Nachruf F. J. Harkes erlaubten interessante Einblicke in das Leben der ausgewanderten Mönninghäuser in der Neuen Welt. 13 Jahre später meldete sich die Familie Vehige aus St. Paul, St. Charles County, Missouri, zu einem Besuch in Verne und Mönninghausen an. Auch sie waren von Genealogen bestens für die Suche nach ihren Vorfahren in Westfalen vorbereitet worden. Die wichtigsten Quellen stellten die 1973 von den Mormonen fotografierten Kirchenbücher und die im Nationalarchiv in Washington aufbewahrten Schiffslisten dar. |
Besuch aus Amerika 2013 |
Bisher bekannte Auswanderer aus Mönninghausen
1. Martin Mennemeyer (um 1809-1852) war der erste Mönninghäuser, der sich in St. Paul in St. Charles County, MO ansiedelte. Seine Auswanderung erfolgte zwischen 1830 und 1845. Er war vermutlich der „Pfadfinder“, der die Kettenwanderung in Gang brachte. 2. Seine spätere Frau, die 28-jährige Dienstmagd
Theresia Langehenke (1820-1893), wagte im Jahre 1848 die Überfahrt auf
dem Segelschiff „Charlemagne“ mit der sechsköpfigen Familie von Bernard
Mennemeyer. Im gleichen Jahr heiratete sie Martin Mennemeyer
in der All Saints Kirche in St. Peters, MO. 3. - 8. Bernard Mennemeyer (1806-1882), seine
Ehefrau Anna Maria Margaret Schulte (1799-1871) und deren Kinder
Theresia (14 Jahre alt), Martin (12), Franz (9) und Bernhard (4) kamen
am 30. Mai 1848 in New Orleans an. Sie siedelten sich in O’Fallon
in St. Charles County an. 9. Wilhelm Sprenger (1812-1881) wanderte um 1852
nach Cuivre Township in St. Charles County, Missouri, aus. Er blieb
Junggeselle und vermachte seinen Nichten in Mönninghausen eine hübsche
Geldsumme. 10. – 11. Der Schneider Franz Joseph Langehenke
(1826-1903) – in der Schiffsliste ist Hörste als Wohnort angegeben -
überquerte den Atlantik als 27-jähriger. Am 18. Dezember 1854 kam er von
Bremen kommend auf der „Roland“ in New Orleans an. Zwei Jahre später –
sein Alter wird mit 29 angegeben, auch der Beruf und der Herkunftsort
Hörste stimmen überein – findet er sich auf der Schiffsliste der
„Neptune“, die am 16. Dezember 1856 in New Orleans ankam. An Bord
befanden sich auch der 16-jährige Franz Langehenke und die 26-jährige
Elisabeth Langehenke. Vermutlich wird Franz Joseph Langehenke die Lage
sondiert und die andern ermutigt haben. Zwei Jahre später 1857 heiratete
er Mary Anne Mackenbrock (1820-1903) und kaufte 80 acres (131 Morgen)
Land in Josephville, MO. Seine Nachkommen leben heute noch auf dem Hof. 12. Elisabeth Langehenke gen. Lucke (1830-98)
wanderte 1856 nach Old Monroe, Lincoln County, aus. Sie heiratete 1857
Hermann Joseph Eusterbrock (1813-97) aus Marienfeld, der in den USA
einen 130 Morgen großen Hof bewirtschaftete. Sie ist die Urgroßmutter
von Madelene Vehige. 13. Johann Franz Stephan Kattenbrook, geb.
26.5.1817 in Mönninghausen, Tagelöhner, Vermögen 100 Thaler, wohnhaft in
Hörste, erhielt 1857 den „Konsens“ (Erlaubnis der Behörden) zur
Auswanderung in die USA. Mit ihm reisten seine Ehefrau und der
12-jährige Sohn Franz. 14. Franz Joseph Harke (1835-1912) wanderte 1857
als 22-jähriger von Le
Havre über New Orleans nach Normandy bei St. Louis aus. 15. Sein Bruder Stephan Ferdinand Harke,
(1852-75) folgte nach Aussagen von Mary Gladbach später. 16.-17. Der Tagelöhner Konrad Theodor Niermann
(geb. 1827) und seine nicht aus Mönninghausen stammende Frau Elisabeth
wanderten 1857 aus. Beide stehen auf der Passagierliste der „Anna
Delius“. 18.-20. Ferdinand Schulte (geb. 1826) gen.
Knepper und Bernhard
Schulte erhielten am 12.8.1857 die Erlaubnis zur Auswanderung. Im
gleichen Jahr hatte Ferdinand Schulte Elisabeth Böhmer in der
Vitus-Kirche in Mönninghausen geheiratet. Bernhard Schulte soll in
Bönninghausen auf der Hofstelle ‚Amreike’ gelebt haben. 21. Die Witwe des am 29 März 1787 in
Mönninghausen geborenen und am 17 Juni 1841 verstorbenen Wilhelm Büchter
war eine geborene Gertrud Elisabeth Hagedorn gt Schulte (geb. 1786 in
Bönninghausen). Sie verstarb im Jahre 1858 in Osage County, MO. Der
Büchtersche Hof gehört zu
den untergegangenen Hofstellen. Er lag an der Geseker Straße zwischen
Schulte und Weßling gnt. Mertens. 22.–25. Ihre Tochter Gertrud Büchter (geb. 1815
in Mönninghausen) und ihr aus Garfeln stammender Ehemann Ferdinand
Böckmann (geb. 1806, Hochzeit 1834 in Mönninghausen) wanderte mit ihren
1838 und 1842 in Mönninghausen geborenen Kindern Martin Joseph und Maria
Elisabeth nach
Hermann Eusterbrock aus Marienfeld
und seine Ehefrau Elisabeth geb. Langehenke aus Mönninghausen
26.-27. Ihr 1822 geborener Sohn Franz Wilhelm
Büchter und seine seit 1857 mit ihm verheiratete Frau Gertrud Dicke aus
Störmede wurden im Jahre 1860 bei der Volkszählung in Osage County, MO
erfasst. Franz Wilhelm Büchter starb im Jahre 1872 in Miller County, MO. 28.-29. Bernhard Sprick gen. Gerwin (geb.
25.1.1835) und sein Bruder Joseph (geb. 19.5.1838) weigerten sich laut
Gemeindeprotokollbuch vom 16.4.1866 die Gemeindesteuern für das Jahr
1865 zu bezahlen. Der Gemeinderat denkt an Zwangsmittel oder
Zwangsarbeit zur Beitreibung der Rückstände. Im Protokoll der
Gemeinderatssitzung vom 27. April 1867 heißt es: „Die Schuldner sind
nach America ausgewandert …“. Beide finden sich 1870 in den Zensuslisten
im Pulaski County, Arkansas. Bernhard heiratete am 5.3.1867 die
21-jährige Elisabeth Pieper in Mönninghausen.
Er starb am 13.9.1910 und liegt in Little Rock AR. begraben.
Joseph heiratete am 5. Mai 1867 Gertrud Beine aus dem Kirchspiel Boke in
Little Rock AR. Noch heute leben Nachfahren der Spricks in Little Rock.
Dan T. Sprick war von 1945-47 Bürgermeister von Little Rock, von 1961-70
war er Senator im Senat des Staates Arkansas. Daniel Sprick ist
Künstler. 30. Maria Jockenhövel, geb. am 8.10.1841 in
Mönninghausen als Tochter des Tagelöhners Johan Henrich Jockenhövel und
Anna Maria Ludwig, vermutlich seit 1868 in Essen verheiratet mit
Heinrich Weirich (1843-1925) aus Niederschlesien, soll 1881 ausgewandert
sein. Sie starb am 29.11.1913 und ist begraben auf dem St. Joseph
Cemetery in Alton, Madison County, Illinois. Das Ehepaar hatte sechs
Kinder. 31. Maria Gertrud Schlüter (geb. 23.1.1845 in
Mönninghausen) heiratete 1879 den aus Allagen stammenden Franz Ernst
Thiele in Dortmund. Sie fuhren mit den beiden in Dortmund geborenen
Töchtern Maria Theresia und
Anna Maria von Bremen aus mit der „Mosel“ nach New York, wo sie am 10.
Oktober 1881 ankamen. In Miles, Texas, betrieben sie Landwirtschaft.
33. Schwester Mathea
geb. Maria Dahlhoff (1917-2007) wurde von ihrem Orden 1938 mit
zwei Mitschwestern in die USA gebracht, um den Verfolgungen durch die
Nationalsozialisten zu entgehen. Sie arbeitete als Lehrerin in China,
Taiwan, auf den Philippinen und in Texas.
Schwester Germella Mühlenmeier
Schwester Mathea Dalhoff
Schwere Anfänge Über das
Schicksal von Martin Mennemeyer (~1809-52) und Theresia
Langehenke (1820-93) berichtet Deborah Heimann in ihrer per
Zip-Datei über den Atlantik geschickten Familiengeschichte. Beide
heirateten am 18. Juni 1848 in der All Saints Catholic Church in St. Peters, MO. Aus
den Katasterbüchern geht hervor, dass sie Ende des Jahres 1851 insgesamt
94 acre (152 Morgen) Land zum Preis von 560 $ kauften. Sie zahlten davon
$ 100 in bar an. Das Land in der Nähe von St. Paul hatte eine Quelle und
einen reichen Bestand von Eichenbäumen. Mit einer Schicht von 40 cm
Mutterboden war der Boden fruchtbar. Auf ihrem Grundstück standen ein
Blockhaus, das häufig umgebaut worden ist, und eine Scheune. Es lässt
sich nicht mehr feststellen, ob diese Gebäude von ihnen erbaut worden
sind oder bereits beim Kauf vorhanden waren. Die Voraussetzungen für
eine glückliche Zukunft waren damit geschaffen. Doch dann stellten sich die ersten Rückschläge
ein. Die beiden Siedler aus Mönninghausen hatten drei gemeinsame Kinder.
Der 1849 geborene William Menne starb im gleichen Jahr. Der 1851
geborene Joseph Menne ebenfalls. Das dritte Kind namens William Menne
wurde 1853 in der St. Joseph Catholic Church in Josephville. MO getauft
und überlebte. In den Jahren 1852 und 1853 gehörte Martin Mennemeyer zu
den Personen, die die neue Kirche in St. Paul erbauten. Ende 1852 war
seine Frau erneut schwanger und der Landarbeiter Franz Hoff wurde
eingestellt, weil die Arbeit an der Kirche viel Zeit in Anspruch nahm.
Im Frühjahr 1853 starb Martin Mennemeyer völlig unerwartet wenige Monate
nach der Geburt seines Sohnes William. Wie damals üblich, wurde der der
größte Teil des mit Schulden belasteten Landbesitzes, das Vieh und die
Ausrüstungsgegenstände des Hofes im Auftrag des Sheriffs treuhänderisch
verwaltet und versteigert. Es war üblich, dass der Witwe eine Garnitur
Töpfe und Geschirr, sowie einige Hühner und eine Milchkuh belassen
wurden, damit sie überleben konnte. Offenbar wurde das Haus jedoch nicht
versteigert. In dieser Zeit kümmerte sich Franz Hoff um die Witwe und
ihren Säugling. Da er mit der Farm vertraut war, wurde er mit anderen
Treuhändern als Verwalter eingesetzt. In der Familie wird erzählt, dass
er die wertvollen Ausrüstungsgegenstände gut im Wald versteckte und
einige Kühe und Pferde auslieh, damit sie nicht in die Konkursmasse
einbezogen wurden. Haus und Scheune verblieben mit etwa 27 Morgen Land
im Besitz der Witwe. Deren Situation war deswegen besonders schwierig,
weil sie noch keine erwachsenen Kinder hatte, die hätten mithelfen
können, den Lebensunterhalt zu bestreiten.
Deshalb verwundert es nicht, dass Theresia Menne am 30. August
1853 nach erfolgter Versteigerung und der Abzahlung aller Schulden Franz
Hoff heiratete, der bereits
mit dem Hof vertraut war. So gelang es ihr, den Säugling
Theresia verw. Menne(meyer) geb. Langehenke mit ihrem 2. Ehemann
Franz Hoff um 1880 Deborah Heimann berichtet, dass es Fritz Hoff
sogar gelungen sei, den Resthof durch den Erwerb von umliegenden Höfen,
die aufgegeben wurden, auf 360 acres (582 Morgen)zu erweitern. Wie bis
heute in den USA üblich, verkaufte er diese 1880 an den inzwischen 27
Jahre alten Stiefsohn William Menne. Nachdem dieser seine Schulden im
Jahre 1881 beglichen hatte, zog er mit seiner Frau Mary. F. Baecker
(†1927), die er 1880 geheiratet hatte, auf den Hof. In der Geschichte
von ‚Dog Prairie’ heißt es, dass Fritz Hoff und seine Frau Theresia noch
4 Kinder hatten und sich 1868 ein stattliches Wohnhaus aus Backsteinen
erbauten. Sein einziger Sohn Fritz habe die Farm seines Vaters geerbt.
Franz Hoff verstarb 1891 und seine Frau Theresia geb. Langehenke,
verwitwete Menne, im Jahre 1893. Flucht aus aussichtslosen Verhältnissen Bernard Mennemeyer (1806-82) wird von
seinem älteren Bruder Martin dazu ermutigt worden sein, mit seiner Frau
Anna Maria Margaret geb.
Schulte (1835-71) und den vier minderjährigen Kindern Theresia
(14 Jahre alt), Martin (12), Franz (9) und Bernhard
(4), die Zelte in Mönninghausen abzubrechen und auszuwandern. Er hat ihm
sicher auch aufgetragen, seine Braut Theresia Langehenke
(1820-1893) mitzubringen. Die 28-jährige Dienstmagd stammte
ebenfalls von der Springlake aus der kleinen Hofstelle Lucke (heute
Lammert). An Bord wird sie sich um die Kinder der Mitreisenden aus
Mönninghausen gekümmert haben. Franz Ludwigt fand in der Akte „Beckersche
Familienstiftung“ im Pfarrarchiv den Beweis, dass die drückende
Schuldenlast der Mennemeyers einen Neuanfang in den USA erzwang. Diese
mag ihre Ursache in der schlechten Getreideernte im Jahr 1846 und dem
darauf folgenden Hungerwinter 1846/7 sowie der 1847 in Mitteleuropa
grassierenden Kartoffelfäule gehabt haben. Das Haus der Mennemeyers
befand sich zwischen Rötz (heute Gutland) und Küken (heute Niermann). Die Gefahren der Überfahrt nahmen die Mennemeiers
für den Traum von einer eigenen Hofstelle in Kauf. Die Gruppe Mennemeyer
bestand aus 3 Erwachsenen und
vier Kindern im Alter von 4 – 14 Jahren, als sie im Frühjahr des
Jahres 1848 die Überfahrt wagten. Sie kamen am 30. Mai 1848 in New
Orleans an. Die bis zu drei Monaten dauernde Überfahrt war nicht
ungefährlich. Aus der Passagierliste der „Charlemagne“, die von Hamburg
kommend am 30. Mai 1848 in New Orleans anlegte, geht hervor, dass sechs
der 279 Passagiere gestorben und den kalten Fluten des Atlantik
übergeben worden waren. Das 1828 in New York City gebaute Schiff hatte
eine Wasserverdrängung von 442 Tonnen, war 38 Meter lang und hatte eine
nutzbare Fläche von 650 m². Dann reiste die Gruppe zum Preis von $ 18
pro Person mit dem Raddampfer die rund 1800 km den Mississippi aufwärts
bis nach St. Louis. Mit einem fast 10 km langen Kai war St. Louis 1852
der größte Binnenhafen der USA. Von dort aus lag noch eine achtstündige
Fahrt mit dem Pferdewagen zu ihrem 70 km entfernten Zielort O’Fallon in
St. Charles County vor ihnen. Ob Bernard Mennemeyer Land besaß, ist
nicht bekannt. Nach Aussage von Frau Deborah Heimann waren seine beiden
Söhne Frank und Bernard aber erfolgreiche Farmer in St. Charles County.
Die Familien der Söhne Frank Menne und Bernard Menne Jr., die ihre Namen
amerikanisierten, brachten es zusammen auf 26 Kinder. Von der Dienstmagd zur Bäuerin
Im Jahre 1856 verließ die in der Passagierliste
der „Neptune" als Dienstmagd geführte Elisabeth Langehenke
(1830-1898) ihr Heimatdorf Mönninghausen. Damit begann das größte
Abenteuer ihres Lebens. Sie war 26 Jahre alt und das elfte Kind von
Johannes Jodokus Bernard Langehenke (1774-1838) und Anna Maria Lucke
(1782-1834). Ihr in Verne geborener Vater hatte in die kleine Hofstelle
Lucke an der Springlake in Mönninghausen eingeheiratet. Ihre Eltern und
die Großeltern Bernard Heinrich Lucke und Catharina Maria Heers in
Mönninghausen sowie Heinrich Anton Langehenke und Anna Maria Illies in
Verne waren sicher bestürzt, als sie von ihrem Vorhaben erfuhren.
Dennoch wagte sie den Schritt. Erleichtert wurde ihr der Entschluss,
weil ihre Schwester Theresia und ihr Bruder Franz Joseph bereits in die
USA ausgewandert waren. Elisabeth reiste im Spätherbst 1856 als
26-jährige allein auf der „Neptune“ von Bremen nach New Orleans. An Bord
waren 218 Personen darunter 40 Kinder unter acht Jahren.
An Bord befanden sich auch die Schneider Joseph und Franz
Langehenke aus Hörste. Diese
waren vermutlich ihre Vettern. Sie kam am 16. Dezember 1856 in New
Orleans an. Sie reiste dann den Mississippi flussaufwärts nach Missouri,
wo sie 14 Tage darauf in Allen Prairie – später Josephville in der Nähe
von St. Louis – ihren Bruder Franz Joseph (1826-1903) und ihre Schwester
Theresia (1820-1893) traf. Spätestens hier begegnete sie Hermann
Eusterbrock (1813-1897), der aus Marienfeld stammte, und heiratete ihn
im Jahre 1857. Dieser hatte im Jahr 1855 einen 106 acre (174 Morgen)
großen Hof in Old Monroe, St. Charles County, MO, gekauft. Dort wuchsen
dann die acht Kinder des Ehepaares auf. Ihr jüngster Sohn, Henry Caspar
(1873-1954), übernahm die Farm. Er heiratete Josephine Anna Burkemper
(1881-1947), deren Vater aus Wadersloh stammte. Sie hatten 16 Kinder.
Zehn dieser Kinder erreichten das Erwachsenenleben. Elisabeth
Langehenke hatte innerhalb
eines Jahres den Aufstieg von der Dienstmagd zur Bäuerin geschafft.
Die Erfüllung des amerikanischen Traums Franz Joseph Harke (1835-1912) war das
vierte Kind und der zweite Sohn von Franz Joseph und Margarethe Harke
geb. Mennemeyer, die aus Öchtringhausen bzw. Garfeln stammten. Er hatte
sieben Geschwister und gehörte zu denen, die den Mut hatten
auszuwandern, um ein neues Leben auf der anderen Seite des Atlantiks zu
beginnen. Nach seiner Ankunft im Jahre 1857 betätigte sich der
22-jährige als Hufschmied in Pine Lawn, einem Vorort von St. Louis. 1862
heiratete er in der heute verfallenen Liboriuskirche in St. Louis
Wilhelmina Peine aus Nieheim. Die Gemeinde wurde von dem in Verne
geborenen Pfarrer Stephan Schweihoff (1820-1869) geführt. Aus der Ehe
gingen 10 Kinder hervor, von denen 7 überlebten. Im amerikanischen
Bürgerkrieg diente er als Soldat der Heimatarmee in Fort Burton. Seine
Ausbildung soll er in der preußischen Armee erhalten haben. 1867 kaufte
er eine Farm an der Florissant Road, auf der er bis 1905 Gemüse anbaute.
Wie in Amerika üblich, verkaufte er die 62 Morgen für $ 3000 an seinen
Sohn. 1868 erhielten beide Harkes die amerikanische Staatsbürgerschaft.
Franz J. Harke handelte wiederholt gewinnbringend mit Land in der
Größenordnung von 10 bis 120 Morgen, so dass er bei seinem Tod im Jahre
1912 seiner Gattin, seinen sieben Töchtern, drei Söhnen, 24 Enkeln und
einem Urenkel ein ansehnliches Vermögen hinterlassen konnte. Seine
Nachfahren sind der Meinung, dass er später noch dreimal zu Besuchen
nach Mönninghausen zurückgekehrt sei. Wie die anderen Auswanderer aus
Mönninghausen blieben auch die Harkes treue Katholiken, die im
kirchlichen Vereins-wesen aufgingen. F. J. Harke war Kapitelmitglied der
„Katholischen Ritter von Amerika“, einer Selbsthilfeorganisation, die
bis heute Versicherungsschutz und soziale Hilfen anbietet. Für ihn war
der amerikanische Traum in Erfüllung gegangen. Alle diese Informationen
sind Fred und Mary Kay Gladbach aus St. Louis zu verdanken, die
Mönninghausen und Öchtringhausen im Jahre 2000 besuchten.
Motive für die Auswanderung Hauptgrund für die Auswanderung war der
katastrophale Preisverfall beim Leinen durch Baumwolle und maschinell
hergestellte Webwaren. Ein Merkmal, das all diesen Gebieten mit starker
Auswanderung gemeinsam ist, war eine ausgeprägte Heimindustrie der
Leinenweberei, die von den ländlichen Unterschichten im Nebenerwerb
ausgeübt wurde, aber schnell dem Wettbewerb mit der mechanisierten
Industrie unterlag. Auch der durch die Kontinentalsperre bedingte
Verlust der Märkte in Südamerika an die Briten und die Verdrängung des
Leines durch die Baumwolle waren dafür verantwortlich, dass zwischen
1830 bis 1840 die Preise für
handgewebtes Leinen in Westfalen und ganz Westeuropa um bis zu 90 %
fielen. Damit war es mit dem Zubrot durch die Handweberei, die als
Nebenverdienst besonders für Heuerlinge und Kleinbauern von Bedeutung
war, schlagartig vorbei und es folgte der Zusammenbruch des
Leinengewerbes. Wie wichtig das Spinnen und Weben im Nebenerwerb auch in
Mönninghausen gewesen war, zeigt sich in der Tatsache, dass es 1818 in
71 Wohnhäusern 52 Webstühle gab. Eine weitere Ursache für den schweren Entschluss
auszuwandern, war der Bevölkerungszuwachs und die damit verbundene
Verarmung der unteren Schichten. Zwischen 1750 und 1850 war die
Einwohnerzahl in Europa von 62 auf 116 Millionen angewachsen. So viele
Menschen konnte das Land nicht mehr angemessen ernähren und
beschäftigen. Die Familie Langehenke gen. Lucke hatte 11 Kinder, Franz
Joseph Harke stammte aus einer Familie von 8 Kindern. Für die
nachgeborenen Söhne und Töchter war ein neues Leben auf billigem Land in
Amerika oder Australien die einzige Möglichkeit, einem Dasein als
unverheirateter Knecht oder Dienstmagd zu entgehen. Die Mönninghäuser Auswanderer gehörten wohl der
als Heuerlinge bezeichneten ländlichen Unterschicht an. Diese besaßen
weder Haus noch Land. Sie wohnten zur Miete und pachteten etwa vier
Morgen Ackerland. Dafür waren sie verpflichtet, dem Verpächter beim
Dreschen und in der Ernte zu helfen. Ohne ein Zusatzeinkommen durch
Spinnen und Weben konnte diese soziale Unterschicht des Dorfes nicht
existieren. Drückende Armut und wirtschaftliche Aussichtslosigkeit
spricht aus den im Pfarrarchiv in Mönninghausen aufgefundenen
Bittbriefen der Mennemeyers an die Beckersche Familienstiftung um
weitere finanzielle Unterstützung. Er hatte schon einmal Zuwendungen
bekommen. Als ein zweiter Antrag auf Hilfe abgelehnt worden war bat er
den Pfarrer Schüchter unter Tränen, es noch einmal zu versuchen, da sein
Haushalt große Not leide und er Schulden und Zinsen nicht mehr bezahlen
könne. Viele junge Männer ab dem 20. Lebensjahr wollten
sich der gefürchteten dreijährigen Militärdienstpflicht in Preußen
entziehen. Alle beflügelte der Ehrgeiz, es weiter zu bringen. Die
Auswanderung bot die größten Chancen, die soziale Lage zu verbessern und
das armselige Leben als Knecht, der in einem Verschlag in der
Pferdebucht nächtigte, oder als unverheiratete Dienstmagd hinter sich zu
lassen. Rund 58 % der Auswanderer sind im Alter von 11 bis 40 Jahren
ausgewandert. Das weist darauf hin, dass die Jugendlichen in der Heimat
keine Zukunftsperspektiven sahen und glaubten, Amerika biete ihnen die
Chance, das zu gewinnen, was ihnen in der Heimat verwehrt war: Arbeit,
Verdienst, Land, Eigentum, eigene Familie.
Hafen von St. Louis um 1870
‚River Queen’ nannte man
die Stadt St. Louis am Mississippi. 170 Raddampfer lagen an der 10 km
langen Mole des größten Binnenhafens der USA, Hier endete die 1.800 km
lange Reise auf dem Mississippi.
Foto Thomas Easterl in der
Familiengeschichte von Deborah Heimann
Landbesitz stellte die solideste wirtschaftliche
Grundlage dar. Auch die Mönninghäuser Auswanderer träumten von einem
eigenen großen Hof. Wie die anderen westfälischen Siedler zogen sie es
vor, in den nach Beendigung der Indianerkriege im Jahre 1832
erschlossenen Gebieten des mittleren Westens kultiviertes Land zu
bearbeiten. Immer wieder gab die Regierung dem Drängen der weißen
Siedler nach und nahm den schon mehrfach zwangum-gesiedelten
Indianerstämmen das auf ‚ewige Zeiten’ versprochene Land wieder ab.
Zigmillionen Hektar ackerfähige Prairie wurden für 0,5 bis 5 $ je acre
(4047 m²) verkauft. Manchmal gab es auch kostenloses Land. 1843, 1845
und 1862 erlaubte die Regierung im Homestead Act (Heimstätten-Gesetz)
jedem amerikanischen Staatsbürger, sich ungenutztes öffentliches Land im
Umfang von 160 acres (262 Morgen) anzueignen. Die amerikanische
Staatsangehörigkeit konnten die Neuankömmlinge nach 5 Jahren erwerben.
Erst dann durften sie das Wahlrecht ausüben. Bis heute wählen die
Deutschen in St. Louis und Umgebung überwiegend republikanisch. Der amerikanische Historiker Kamphoefner stellte
bei der Untersuchung sowohl der Herkunfts- als auch der Zielregionen in
seinem Buch „Westfalen in der Neuen Welt“ fest, dass die Westfalen durch
Sprache, Religion und landsmannschaftliche Herkunft vertraute
Zielgebiete suchten. Herkunfts- und Zielgebiet sollten so ähnlich wie
möglich sein. In Missouri wurden deshalb westfälische Siedlungen
errichtet. Solche landsmannschaftlichen Enklaven waren besonders auf dem
Land eher die Regel als die Ausnahme, und sie sorgten dafür, dass
Auswanderung alles andere als Entwurzelung bedeutet. Das trifft auch auf
die Mönninghäuser Auswanderer zu. 11 von 16 Personen siedelten sich in
St. Charles County, zwei weitere 40 km entfernt am Stadtrand von St.
Louis an. Daher wäre man fast versucht, St. Paul als „verpflanztes Dorf“
zu bezeichnen. Jedenfalls war hier eine stabile, homogene ländliche
Gesellschaft entstanden, die für mindestens 11 ehemalige Mönninghäuser
zu einer neuen Heimatregion wurden. Durch früher angekommene Einwanderer
waren Netzwerke entstanden, die die Eingewöhnung in die neue Umgebung
erleichterten. Sie verhalfen den Neuankömmlingen zu mehr Sicherheit
durch soziale und familiäre Kontakte. Oft wurden sie von Verwandten
abgeholt, begrüßt und eine Zeitlang untergebracht. Später halfen die
Verwandten in Krisenzeiten und banden die Neuankömmlinge in ihre
Gemeinschaft ein. Nicht vergessen werden darf, dass der Aufbau einer
eigenen Existenz meist unglaublich hart und entbehrungsreich und wie im
Falle der Theresia Langehenke durch den frühen Tod ihres Mannes
jederzeit gefährdet war. Nur im Familien- und Siedlerverband konnten
sich die Auswanderer im Mittleren Westen ein neues Zuhause mit eigenen
Schulen, Kirchenge-meinden und Dörfern in St. Charles County schaffen,
wobei die plattdeutsche Sprache das verbindende Band über
Konfessionsgrenzen hinaus war. Gemeinsam ließen sich auch die
feuchte, erstickende Hitze von bis zu 40 C im Sommer und bis zu – 40
Grad Kälte im Winter besser ertragen.
Kirche und Friedhof
von St. Paul, Charles County, MO. St. Paul
in Missouri St. Paul, der Heimatort der Familien Menne,
Molitor, Arens, Kruse, Dalhoff, Freymuth, Frieden, Meyer, Röper,
Stahlschmidt, Vetsch, Floer, Laebeck, Haas, Müller, Grabenhorst, Schoene
und Hoeckelmann. – und von Bill und Madelene Vehige - liegt im Norden
von St. Charles County. Der Ortsname entstand 1878. Der frühere Name
soll “Dog Prairie“ gewesen sein. Die Entfernung von St. Paul nach St.
Louis beträgt 64 km, nach Old Monroe 13 km, nach O’Fallon 14 km und nach
Josephville, 8 km. Auch Flintville und Wentzville sind Nachbardörfer.
Das Gelände ist hügelig und befindet sich oberhalb des
Überschwemmungs-gebiets des Missouri Rivers. St. Paul soll als Beispiel
für die anderen Dörfer des Distrikts, in denen 11 aus Mönninghausen
stammenden Auswanderer siedelten, näher beschrieben werden. Judy Sigmund hat in der dem Verfasser geschenkten
150-seitigen Geschichte mit dem Titel „Dog Prairie Tales“ ihrem
Heimatort ein Denkmal gesetzt. Die deutsche Besiedelung begann um 1830
und endete um 1860. Das billige, fruchtbare Land war begehrt. Der Ort
hat eine katholische Pfarrkirche, eine kath. Grundschule, eine
Gaststätte, die „Dog Prairie Tavern“, eine Autoreparaturwerkstatt und
eine Freiwillige Feuerwehr. Bis 1980 bot das kleine Dorf mit etwa 450
Einwohnern als ethnische Enklave einen gewissen Ersatz für die vertraute
Umgebung des ehemaligen Geburtsortes. Die Untersuchungen Kamphoefners
ergaben, dass die verpflanzten
Westfalen weitgehend unter sich blieben, was ihre Wohnorte, die
Kirchenmitgliedschaft und ihre Ehepartner anging. Die Beheimatung der
Neuankömmlinge aus Mönninghausen fand vor allem durch die Gründung von
katholischen Pfarrgemeinden und Schulen statt. Noch heute ist die
Pfarrkirche St. Paul der gefühlte Mittelpunkt der Gemeinde. Die
erste Holzkirche wurde 1836 errichtet. Mit der sprunghaft zunehmenden
Zahl der Siedler war die kleine Holzkirche schon 11 Jahre später zu
klein. So wurde 1848-54 eine neue Kirche aus Sandsteinblöcken mit den
Massen 9,50 x 19 m gebaut. Sie hatte einen hölzernen Turm. 1895
beschloss man den Bau der heutigen Pfarrkirche. Zwei Jahre dauerte es,
bis man in Eigenleistung die Baumaterialien auf 500 pferdebespannten
Wagen von der 3,2 km entfernten Bahnstation in Eigenleistung mit
Pferdefuhrwerken heran gekarrt hatte. 1898 konnte Pater Tintrup den
ersten Gottesdienst in der im Stil der amerikanischen Neugotik
errichteten Backsteinkirche feiern. Sie hat die stattlichen Maße von
11,30 m x 28,30 m. Der Turm ist 30 m hoch. Die erste öffentliche Schule wurde im Jahre 1837
errichtet. Die katholischen Einwanderer aus Westfalen schickten ihre
Kinder jedoch lieber auf eine katholische Schule der Pfarrgemeinde. Sie
waren der Ansicht, dass Religionsunterricht Teil des Stundenplans sein
müsse. Sie mussten diese natürlich selbst finanzieren. Die Folge war,
dass viele Kinder erst gar nicht zur Schule geschickt wurden.
Ursulinerinnen aus Österreich waren ab 1872 die ersten Lehrerinnen an
der katholischen Schule von St. Paul. Wegen der großen Entfernungen gab
es für Mädchen die Möglichkeit bei den Nonnen und für Jungen im
Pfarrhaus bis zum 13. Lebensjahr als Internatsschüler unterzukommen. Im
Jahre 1935 übernahmen die Schwestern vom kostbaren Blute aus O’Fallon
den Unterricht. Diese
Verhältnisse waren identisch mit dem auch hier in Westfalen bis 1960
intakten katholischen Milieu, dass sich scharf von allem
Protestantischen abgrenzte. Madelene Vehige berichtet, dass das Eingehen
einer Mischehe vor nicht allzu langer Zeit zum Ausschluss aus der
Familie geführt habe. Integration - nicht Assimilation Wer auswanderte, verließ das soziale
Sicherungssystem seiner Familie für immer. Deshalb hielten sich die
Auswanderer aus Mönninghausen in der neuen Heimat an das Netzwerk deutschstämmiger Einwanderer und Verwandter. Vor allem die
gemeinsame plattdeutsche Sprache war ein wichtiges Mittel zur
Bewältigung der neuen Lebensumstände. Bekanntheit, voraussagbares
Verhalten und Gewohnheiten machten Risiken kalkulierbar und schufen
psychische Stabilität. In der Familie Vehige findet die Partnerwahl noch
in der 5. Generation z.T. in deutschstämmigen Kreisen statt. Schon zu
Beginn der Auswanderung hatte die Vermittlung von Bräuten aus der Heimat
für heiratsfähige „plattdeutsche“ junge Männer auf ihren einsamen Farmen
eine Rolle gespielt. Wie damals in Mönninghausen heiratete man
Nachbarmädchen aus dem Nachbardorf oder ließ Cousinen dritten Grades,
Nachbarstöchter oder Mägde von zu Haus als Bräute nachkommen. Im Ersten Weltkrieg war es verpönt, Deutsch zu
sprechen, in einigen Staaten sogar unter Androhung einer
Gefängnisstrafe verboten. Weil die Muttersprache fast aller
westfälischen Amerikafahrer Plattdeutsch war, sprachen die Auswanderer
auch in Amerika selbstverständlich weiter ihr heimisches „Platt“, und
zwar über mehrere folgende Generationen. Eine Sprache, die dort dann
während beider Weltkriege, als Deutsch zu reden verpönt war, von den
amtlichen Aufpassern für „Dutch“ (Holländisch) gehalten wurde und
deswegen im öffentlichen Leben auf dem platten Lande meist problemlos
weiter gesprochen werden konnte. Bis
weit nach dem Zweiten Weltkrieg war in den „Little Westphalians“ des
Mittleren Westens Plattdeutsch die Umgangssprache der Älteren und Alten
auch noch vereinzelt im Gottesdienst. Die eine Zeitlang abgebrochene Brücke von der
Alten zur Neuen Welt ist durch die Besuche aus Amerika, das auch in
Mönninghausen von immer mehr Menschen gesprochene Englisch und den
gemeinsamen Kampf gegen alle Formen der totalitären Diktatur nach dem
Zweiten Weltkrieg wieder begehbar geworden.
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