Geschichte der Backhäuser in Mönninghausen |
Altes
Backhaus wieder jung geworden Mit Zuschüssen des Amtes für Agrarordnung und der NRW-Stiftung gelang es dem Kulturring Mönninghausen mit einer Eigenleistung von 4000 Arbeitsstunden im Jahre 2007 das letzte Zeugnis einer Jahrhunderte alten bäuerlichen Backkultur neben dem Heimathaus wieder aufzubauen. Die zwei Ziele des Denkmalsschutzes, unveränderte Erhaltung und spätere Nutzung wurden erreicht. Sieben Jahre nach dem Wiederaufbau des Backhauses haben sich bereits 120 Gruppen zum „Backerlebnis Mönninghausen“ angemeldet. Der von der Frauengemeinschaft im Heimathaus servierte Butterkuchen, der Streuselkuchen und das frisch gebackene Brot aus dem Holzofen überzeugen und begeistern. 2600 Gäste konnte Franz Jakob im Backhaus und in der in Westfalen einmaligen St. Vitus-Kreuzkirche zu Führungen begrüßen. |
Backhaus in Mönninghausen |
Backhäuser
und -öfen im 19. Jahrhundert Laut Feuersozietätskataster gab es in
Mönninghausen 1836 77 Privathäuser und 17 Backhäuser.
Weitere sechs Backöfen befanden sich in Scheunen. Nur ein
Backofen hatte einen „russischen Schornstein“. Alle anderen hatten einen
deutschen Schornstein. Bei den letzteren trat der Rauch durch die offene
Ofenklappe aus und zog dann durch den oben im Türbogen der Ofenklappe
ansetzenden Schornstein ab. Erst nach der Beendigung des
Feuerungsvorgangs und dem Auskratzen von Asche und Restglut konnte der
Ofen mit einer aus Holz bestehenden Klappe, die mit Schrotteig
abgedichtet war, verschlossen werden. Erst in der 2. Hälfte des 19. Jh.
setzte sich dann der feuertechnisch viel sicherere russische
Schornsteintyp auch in den Wohnhäusern durch. Dieser lag über dem
Feuerungsraum, der ständig mit einer Klappe verschlossen war. Rauch und
Funken zogen direkt durch
den Schornstein ab und konnten nicht mehr an brennbare Holzdecken oder
Strohdocken gelangen.
Die ersten
gewerblichen Bäckereien Der Bäckerberuf war
ursprünglich mehr in den Städten anzutreffen. Auf dem Land versorgte man
sich bis zum Jahre 1900 mit selbstgebackenem Brot. Für die bäuerlichen
Familien war es selbstverständlich, sich soweit wie möglich mit den
eigenen Erzeugnissen zu versorgen, um Geld zu sparen und unabhängig zu
bleiben. Eine Statistik im Kreisarchiv Soest (Nr. 1196 E 25-5) über die
vorhandenen Handwerksmeister und Gesellen im Amt Störmede belegt
den hohen Grad der Selbstversorgung. Im Jahre 1858 gab es in den
9 Dörfern des Amtes nur 1 Bäcker.
Der erste gewerbliche Backbetrieb lässt sich in Mönninghausen im
Jahr 1892 nachweisen. Es handelte sich um eine Lohnbäckerei. Die Bauern
lieferten Roggen oder Roggenmehl und erhielten dafür eine bestimmte
Anzahl Brotmarken. „Schoppen Bäckers“ fuhren das Getreide zur
Brandenbaumer Mühle, ließen es mahlen und verlangten für ein 3-Pfundbrot
einen Backlohn von 10 Pfennigen. Nur einmal im Jahr, im Monat Januar,
wurde abgerechnet. Es wurde auch „gemultert“ d.h. statt Geld als
Backlohn wurde ein Teil des Getreides einbehalten.
Backen im
Holzbackofen um 1890 Kein lebender Mönninghäuser kann sich mehr an das
Brotbacken im Backhaus erinnern. Zum Glück hat der aus Ehringhausen
stammende Heinrich Thiemann im Jahre 1956 über das Backen im
Holzbackofen auf seinem 120 Morgen großen elterlichen Hofe berichtet.
Hier Auszüge au seinem Bericht. Das Einheizen des Backofens besorgte der
Bauer selbst. Gegen 5 Uhr wurde der Ofen vom Bauern angeheizt. Als
Brennmaterial dienten etwa 1 Meter lange
Holzscheite. Bis der Ofen die erforderliche Hitze hatte,
vergingen gut 3 Stunden. Bevor der Brotteig eingeschoben werden konnte,
wurde die Ofenprobe gemacht. Die Ofensteine mussten weiß sein und eine
in den Schieber eingesteckte, kurze Zeit in den Ofen gehaltene
Roggenähre durfte sich lediglich braun verfärben. War die Ährenprobe
positiv ausgefallen, wurde die restliche Glut mit dem Aschekratzer
herausgeholt. Danach wurde der Ofen mit einem an einer langen Stange
befestigten nassen Tuch
ausgeputzt und mit einem dicken Brett verschlossen, damit sich die Wärme
gleichmäßig verteilte. Diese Spanne Zeit bis zum Einschieben der Brote
benutzte Bauer Thiemann dann, um vorn in den Ofen 20–30 sauber
gewaschene Kartoffeln einzuschieben. Wenn sie gar waren wurde das
gesamte Hauspersonal zum Frühstück gerufen. In einer blauen Schürze, die
der Bauern nur beim Brotbacken trug, wurden sie in die Wohnstube
gebracht, auf den großen eschenen Esstisch geschüttet und sogleich mit
frischer, selbst gekernter Butter bestrichen und verzehrt. Gebacken wurde alle zwei bis drei Wochen. Am
Abend vor dem Backtage wurde das am Vortag in der Wassermühle bei
Bönninghausen frisch gemahlene Mehl in einem großen Backtrog mit
Sauerteig angesetzt. Der benötigte Sauerteig, in dessen Mitte ein
Häufchen Salz lag, befand sich in einer kleinen irdenen Schüssel. Er war
vom letzten Backen aufbewahrt worden oder wurde mit dem Nachbarn
ausgetauscht. Die Tagelöhner backten bei „ihrem“ Bauern, auf dessen
Vorspann sie angewiesen waren, mit. Für gewöhnlich wurde Brotteig im Backs fertig
gemacht. Im Winter wurde der große Backtrog in die Wohnstube gebracht,
weil es dort wärmer war und der Teig hier besser ging. Auf dem Hof
Thiemann wurden jedes Mal 12 – 14 Brote im Gewicht von 6 Pfund gebacken.
Das Kneten des Brotteigs -
eine schwere Arbeit - geschah durch die Großmagd. Die länglich geformten
Brote wurden auf den großen Esstisch nebeneinander gelegt und warm
gehalten. Wenn sie genügend aufgegangen waren, wurden sie vom Bauern mit
dem Schießer einzeln in den Backofen geschoben. Dann wurde der Ofen
wieder verschlossen. Drei bis vier Stunden mussten die Brote im Ofen
bleiben. |
Brotsorten Aus einer Randnotiz von
Pastor Schüchter im Kirchenbuch
anlässlich des Todes der über 87 Jahre alten Bäuerin Maria
Rennkamp geb. Wiehmeyer im Jahre 1855 erfahren wir, dass sie
„fortwährend die gewöhnlichste Kost als Speck, Pumpernickel (und)
eingemachtes Gemüse“ aß. Beim Tode der Anna-Maria Dunker im gleichen
Jahre schreibt Pastor Schüchter: „Sie hat 12 Stunden vor ihrem Tod noch
ein Stück trockenen Pumpernickel verlangt und mit Appetit gegessen.“ Im
Münsterland versteht man sich heute noch auf das Backen von Schwarzbrot.
Es wird zwei bis drei Stunden bei einer Anfangshitze von 180 Grad
gebacken und gart dann etwa 20 Stunden bei 80 Grad mit fallender Hitze.
Die Arbeit mit dem Schwarzbrot begann um 17 Uhr, garen konnte es dann
von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens. Im Sommer erhielten die Pferde während der
Ernte üblicherweise Schwarzbrot als Kraftfutter. Mit der Einführung von
Traktoren und dem Verfüttern von Sojamehl und Leinkuchen als
Futtermittel hörte das Zufüttern von Pumpernickel ab 1950 allmählich
auf. Bei Thiemanns wurden einige Brote halb aus Roggen und halb aus
Weizenmehl gebacken, der so genannte „Krenroggen“. |
Die Lagerung
der Brote Nachdem man durch Beklopfen auf der Unterseite festgestellt hatte, dass die Brote gar waren holte man sie mit dem Schieber heraus, legte sie auf die Brotbretter und trug sie ins Haus. Dort wurden sie dann in einem bestimmten Brotgestell, das im Keller, in der Küche oder der Vorratskammer von der Decke hing, gelagert. Hier blieb das Brot wochenlang essbar. Vor dem Anschneiden des Brotes wurde bis in die 1960er Jahre mit dem Messer ein Kreuzzeichen über das Brot gemach |
Andere
Nutzungen des Backofens Im Herbst wurden Pflaumen Äpfel mit der Restwärme
gedörrt. Das Dörrobst wurde in Blechbüchsen aufbewahrt. Es blieb den
ganzen Winter über haltbar. Abends gab es auf vielen Höfen Milchsuppe
mit gedörrten Pflaumen. Wenn geschlachtet wurde, gehörten sie in den
Schweinepfeffer (Blutsuppe). Gern naschten die Kinder auch von den
Vorräten. Als durch die von Napoleon 1806 verhängte Kontinentalsperre
die Einfuhr von Bohnenkaffee nach Deutschland unterbrochen wurde, griff
man als Ersatz zu Roggenkaffee, dessen Geschmack mit den im Backofen
getrockneten und anschließend gemahlenen Wurzeln
der Zichorienstaude verbesserte. Im Sommer wurde der Flachs, der
bis 1900 noch angebaut wurde, vor dem Braken (Brechen der Stengel mit
der Flachsbreke) erhitzt. Dieses war zwar polizeilich verboten,
denn es konnte leicht ein Feuer entstehen. Bei Hochzeiten wurden
die Braten in den Backofen geschoben. Der Ofen eignete sich auch
hervorragend zum Warmhalten vorbereiteter Speisen. Im Winter Bündel mit
frisch zugeschnittenen Weidenstielen nach dem Brotbacken für eine halbe
Stunde in den Ofen geschoben wurden. Danach konnte man die Rinde ohne
Mühe mit dem Taschenmesser ablösen. Nach dem „Bäggen“ hatte die Stiele
eine größere Festigkeit und waren vor Holzwurmbefall geschützt.
Die Asche aus dem Ofen nahm man
zum „Büken“ der Wäsche. Das grobe Alltagszeug wurde in einem Gemisch aus
Regenwasser und Asche über Nacht eingeweicht. Dieser „Vorwaschgang war
ein beliebter Ersatz für Schmierseife oder Seifenpulver. |
Der
neue Backofen Nach der Umsetzung
des letzten noch erhaltenen Backhauses in Mönninghausen musste
der Ofen komplett neu aufgebaut werden. Auf diese Arbeit
verstand sich der damals 67jährige Ofensetzer Werner Neugebauer
aus Nordwalde im Münsterland. Auf einem Betonsockel, einer
Schicht alter Feldbrandsteine und einer Schicht Quarzsand wurden
schwere 8 cm dicke Bäckerplatten als Boden gelegt. Dann wurde
die Kuppel aus halbierten Schamottsteinen (doppelt gebrannter
Ton mit bis zu 45 % Aluminiumoxydanteil) über einer Sandfüllung
aufgebaut. Darüber wurden mehrere Isolierschichten aus
Mineralwolle, Quarzsand und Lehm aufgebracht. So hat der Ofen 12
Stunden nach dem Backen am nächsten Morgen noch eine Temperatur
von 120 Grad Celsius. Den besonderen Wohlgeschmack der Produkte
erklärt man sich durch das gleichzeitige Einwirken von
Konvektion (Luft), Strahlung (Gewölbe) und Leitung (Boden). Die
Backzeit des Kuchens
beträgt lediglich 7 – 10 Minuten. Veröffentlichung des
Artikels mit freundlicher Genehmigung des Autors Franz Jakob,
Mönninghausen
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www.moenninghausen.de |