Die Raute und der Spring in Mönninghausen
 

Ehemals wichtige Einrichtungen der
früheren Gemeinde Mönninghausen

 

Raute ist die plattdeutsche Bezeichnung für Rötegruben (mal, ohne, mal mit „h" geschrieben). Diese Rötegruben und Senken befanden sich zu beiden Seiten der Straße „An der Raute". Wenn man in Höhe der Besitzung Sprick/Link nach Nordwesten sieht, befand sich rechts der Straße, beginnend im Garten Sprick/Link, die lange Raute. Die nördliche Begrenzung ist heute noch zu erkennen. Links der Straße befand sich die runde Raute, deren Zentrum war etwa das Grundstück Hesse. Die Rötegruben, vom benachbarten Spring (Quelle) durch einen offenen Graben mit Frischwasser versorgt, dienten der Bearbeitung des Flachses zur Herstellung von Leinen. 

Der Spring 1940

Der Flachs wurde dort eingeweicht, um die Faser vom Kern (Holz) trennen zu können. Geräte zur Bearbeitung des Flachses und ein Webstuhl zur Leinenherstellung sind heute noch im Heimatmuseum in Geseke zu sehen. Die Rötegruben standen allen Haushaltungen der Gemeinde zur Verfügung.

Die Bedeutung der Rötegruben wird an einem Vorgang deutlich. Beim Einweichen des Flachses färbte sich das Wasser rötlich (daher der Name Rötegruben). Außerdem ergab sich ein fauliger Geruch. Deshalb gab es Beschwerden, welche den „Kreisphysikus" (Kreisarzt, Kreisgesundheitsamt) auf den Plan riefen. In der zur Sache stattfindenden Gemeinderatssitzung vom 21. 06. 1887 heißt es: „In der auf heute vorschriftsmäßig zusammenberufenen Gemeindeversammlung wurde das Schreiben des Herrn Amtmanns Röper vom 14. Juni 1887, betreffend die Rötegruben beim hiesigen Dorfe, sowie das Gutachten des Herrn Kreisphysikus Rheinen über die sanitätspolizeiliche Untersuchung der genannten Gruben der Gemeindevertretung vorgelesen. Darauf erklärte die Gemeindeversammlung: Es ist zwar nicht abzuleugnen, daß während der Zeit des Flachsrötens (ca. 8 Tage) in der unmittelbaren Nähe der Rötegruben ein zwar nicht angenehmer Geruch entsteht, daß hierdurch aber Krankheiten entstehen sollten, ist seit Menschengedenken und seit die Rötegruben sich dort befinden, nicht nachzuweisen, also nicht vorgekommen und (deshalb) kann nach unserem Dafürhalten der unangenehme Geruch der Gesundheit nicht schädlich sein.

Zum anderen wurde bemerkt, daß die Rötegruben für die hiesige Gemeinde schon seit längeren Generationen und vor Anbau der den Gruben jetzt zunächst liegenden Häuser sich auf der jetzigen Stelle befänden. Bei Teilung des Mönninghäuser Bruches und Ausführung der Separation seien mit Zustimmung der Behörden die Rötegruben dort belassen, und sie könnten an einer anderen Stelle nicht angebracht werden, weil nirgendwo eine Qu­elle sei, aus welcher die Rötegruben mit Wasser versehen werden könnten, während die jetzigen Rötegruben durch einen Graben mit genannter Quelle in Verbindung stünden und auf diese Weise immer frisches Wasser zu- und durchflösse. Durch das frische Wasser würde der faulige Geruch auf­gehoben und unschädlich gemacht. Auch wurde noch hervorgehoben, daß ohne Rötegruben die hiesige Gemeinde nicht fertig werden könnte, indem die Zubereitung des Flachses zu Leinen ein unentbehrlicher Zweig der hiesigen Hauswirtschaften sei und eine Hauptbeschäftigung der hiesigen Frauenwelt bilde, wofür kein anderer Ersatz zu beschaffen sei, weil ferner die Flachsbereitung für viele Haushaltungen eine Erwerbsquelle mit sei. Auch diene das Leinen der Reinlichkeit, da viele Haushaltungen nicht in der Lage seien, sich das notwendige Leinen durch Kauf zu beschaffen".

Um die vorige Jahrhundertwende wurde der Flachsanbau, und damit auch die Herstellung von Leinen, völlig aufgegeben, da Leinen industriell wesentlich einfacher und billiger hergestellt werden konnte. Die Gemeinde war nun bemüht, die Flächen „in Kultur zu nehmen", das heißt, an Anlieger und Interessenten als Garten- und Weideland und später auch einige Bauplätze zu veräußern, Bereits 1922 werden dem Zimmermann Wilhelm Sprick auf dessen Antrag hin über 1 /4 Morgen und im Jahre 1925 noch einmal etliche ar der an sein Grundstück grenzenden "Langen Raute" verkauft, mit der Maßgabe, diese Flächen „In Kultur zunehmen", das heißt durch Auffüllen von Mutterboden zu Garten- und Weideland zu machen. Die übrige Fläche wurde erst im Jahre 1950 in zwei Teilen zu je etwa 10 ar überwiegend zur landwirtschaftliche Nutzung verkauft, nachdem die Grundstücke schon im Jahre 1947 mit Vorkaufsrecht verpachtet waren.

Man wollte sicherstellen, daß die Kaufinteressenten auch In der Lage waren, die Grundstücke zu kultivieren. Einigen Anliegern der „Runden Raute", wohnhaft an der Straße „An der Springlake", wurden im Jahre 1922 Randbereiche überlassen, damit die Hausgrundstücksgrenzen parallel zur Straße „An der Raute" geführt werden konnten. Das Kernstück der „Runden Raute", im wesentlichen das jetzige Grundstück Hesse, wurde erst nach dem 2. Weltkrieg (im Jahre 1950) als Bauplatz verkauft. Auch hier wurde das Grundstück zunächst im Jahre 1947 an den späteren Erwerber verpachtet. So ist von den früheren Rötegruben nichts geblieben wie die uralte Bezeichnung „An der Raute". 

Die Gabelung "An der Raute" ; "An der Springlake" nach der Straßenbauverbesserungsmaßnahme im Jahre 2000

 

Der Spring im Jahre 2000.

   

Der Spring, am jetzigen Schützenplatz (Anm.: gemeint ist der Platz bis zum Jahre 2003) gelegen, war in früheren Zeiten nur eine Quelle mit einem kleinen Teich, der an die Rötegruben Frischwasser abgab. Im Jahre 1887 stellten der Bürger Kaspar Hunold und einige Interessenten den Antrag, den Spring zu einer „Wäsche" auszubauen. Das Protokoll der zu diesem Thema stattfindenden Sitzung der Gemeindeverordneten vom 06.10.1887 hat folgenden Wortlaut: „In der heutigen Sitzung wurde die von Herrn Amtmann Röper übersandte Eingabe des Herrn Kaspar Hunold und Genossen betreffend die Herstellung des sogenannten Springes (Wasserquelle) zu einer allgemeinen Wäsche zur Beratung darüber verlesen. Die Notwendigkeit der Ausräumung sowie der Ausmauerung der Quelle zu einer Wäsche wurde von sämtlichen Anwesenden anerkannt. Die Gemeindeverordneten Weßling, Niggehüser, Peitzmeier und Vorsteher Niermann stimmten dafür, daß die Arbeit erst im nächsten Frühjahr In Angriff genommen werden könne, indem dazu gute Witterung notwendig sei und die Witterung zu Welt fortgeschritten sei, und es auch, wenn die Arbeit zur jetzigen Saatzelt vorgenommen und binnen kurzer Zeit hergestellt werden müsse, bedeutend mehr kosten würde.

 

Die Gemeindeverordneten Becker, H. Niermann und Rennkamp stimmten dafür, daß die Arbeit für diesen Herbst noch auszuführen sei, weil die Quelle jetzt ausgetrocknet, also die Arbeit viel leichter sei, und der Wassermangel groß und eine ordentliche Wäsche im Dorf nicht zu finden sei."

Die Fertigstellung hat sich dann doch noch einige Jahre verzögert. Der Kolk wurde zunächst vertieft und mit einer Mauer umgeben. Der ebenfalls gemauerter Abfluß wurde so mit Bohlen überdeckt, daß die Frauen von diesen aus den stets gleichbleibenden Wasserstand zum Waschen und Spülen der Wäsche leicht erreichen konnten. Einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg gab es moderne Waschmaschinen, so daß der Spring auch hier seine Zweckbestimmung verlor.

Für den Feuerschutz und zur Brandbekämpfung hielt der Spring immer eine sichere Wasserreserve. Nachdem im Jahre 1984 im Dorf eine zentrale Wasserversorgung angelegt wurde, war auch diese Funktion nicht mehr gegeben. Im Jahre 1990 wurde der Spring im Rahmen der Dorfsanierung in der ursprünglichen Form restauriert. So kündet der Spring als Denkmal von Lebensgewohnheiten längst vergangener Zeiten.

Text von Franz Ludwigt, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors, Veröffentlicht in „Geseker Heimatblätter“, 56 Jahrgang, Dezember 1998, Nr. 423; Quellen: Unterlagen der ehemaligen Gemeinde Mönninghausen im Stadtarchiv Geseke und mündliche Überlieferungen.

 

www.moenninghausen.de